MUSEUMSPROGRAMME - PRESSE

Ich bin eine Frau, die was, was sie will

Wella-Museum: Chansonette Evelin Förster lässt die wilden Zwanziger wieder aufleben

Welche Farbe passt zu welchem Typ Frau? Blondinen tragen am besten Weiß, Rosa, Meergrün oder Himmelblau. Weiße und schwarze Kleidung steht ohne hin jeder Dame. Nur die Jugend solle die Finger von Lila und Goldgelb lassen. Das zumindest empfiehlt ein Ratgeber aus dem Jahre 1922. Eine Zeit, in der sich Chansonette Evelin Förster bestens auskennt und heimisch fühlt.

 

Das spüren auch die Besucher, die am Freitagabend ins Wella-Museum gekommen waren, um die Wahl-Berlinerin zu erleben. Mit dem Programm "Olala, Olala! Herrgott ist das Mädel schick...!" entführte sie ihre Zuhörer textlich und gesanglich in die wilden zwanziger und dreißiger Jahre. Matthias Binner begleitete sie dazu souverän am Klavier.

 

Doch Förster plaudert und singt nicht nur über diese Zeit, sie verkörpert sie auch: Ein gewellter Pagenschnitt mit Seitenscheitel, weite, schwarze Hose, dazu eine weiße Bluse mit locker darüber gebundener Krawatte, die Nägel ebenso rot wie der Lippenstift - all das unterstreicht die raumfüllenden Persönlichkeit Försters, einer waschechten "Garçonne" mitten im 21. Jahrhundert. 

Obwohl erst 1955 geboren, weiß Förster ganz genau, was damals "schön und schick" war: Seit 1999 forscht sie über die besondere Rolle von Chansonsängerinnen und Komponistinnen jener Tage. So bereitet es ihr keine Schwierigkeiten, das Publikum auf eine authentische, aber auch satirische Zeitreise mitzunehmen.

 

Zum Tagesbeginn riet "Der gute Ton" 1922: "Eine kalte Dusche nach dem Bad stählt für kommende Anstrengungen." Wie etwa für die Frage "Was zieh ich heute an?" Förster weiß, dass die morgendlichen Probleme einer Dame von 1930 ganz ähnlich waren wie heute: "Hüte hat sie ganz in Massen, aber keiner tut ihr passen", singt sie daher als gespielt entnervter Ehemann.

Ist die Kleiderwahl erst getroffen, macht sie die Dame von Welt daran, ihre Schönheit zu pflegen. Beispielsweise mit der Rapid-Schälkur: "Sie hilft gegen Sommersprossen, gelbe Flecken und Pickeln in jedem Stadium." Laut einem Patent aus den Zwanzigern wird zudem ein schlankes Bein durch ein Strumpfband mit einer Glühbirne noch aufregender.

 

Wandlungsfähig wie ein Chamäleon

Aber auch Männer sind eitel. Förster empfiehlt daher die "Kaiser-Bart-Binde", damit ihr Schnauzer die "vollkommenste Form wie bei Kaiser Wilhelm" erhält. Ein Artikel von 1928 räumt mit den hartnäckigen Gerücht auf, Hausarbeit mache alt. Im Gegenteil. "Sie ist ein sanftes körperliches Dauertraining, hält gesund und anmutig." Aber Vorsicht! "Eine Frau, die schön bleiben will, darf nicht schwer arbeiten, ja nicht einmal schwer denken." Evelin Förster schöpft für ihre Auftritte aus einem schier unerschöpflichen Fundus an Originaltexten aus damaligen Illustrierten, die sie bissig und pointiert vorträgt. Wenn sie dann noch mit ihre voluminösen Altstimme Gassenhauer und Chanson-Schätze erklingen lässt, lebt eine längst vergangene Epoche wieder auf.

Ob koketter Backfisch oder lasziver Vamp, burschikos oder betont weiblich - Förster ist wandlungsfähig wie ein Chamäleon, mal am Klavier posierend den Kopf in den Nacken werfend oder die Hände tief in den Hosentaschen vergraben. Eben ganz wie im Operettenlied von 1932: "Ich bin eine Frau, die weiß, was sie will, ich habe mein Tempo, ich hab' meinen Stil." bas

 

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