MUSEUMSPROGRAMME - PRESSE

Sinnlichkeit bloßgelegt

Lieder, Chansons und Texte zu Arbeiten von Christian Schad / Hommage an Bettina Schad in Aschaffenburg

 

Die Konturen zogen scharfe Bilder

Evelin Förster durchschnitt in ihrem schwarzen Herrenanzug den Raum, als lege sie in Wort und Ton die Sinnlichkeit bloß. Sie hatte für ihre Hommage an Bettina Schad, mit welcher die Stadt Aschaffenburg anlässlich der Schau »Christian Schad. Der Nachlass« in einer Matinee im Schlossmuseum eine Frau ehrte, die mit großzügiger Geste die Hinterlassenschaften ihres Mannes als Stiftung der Stadt Aschaffenburg vermacht hat, ein Programm zusammengestellt, das sich an den frühen Jahren des 1894 in Miesbach geborenen Künstlers orientierte.

 

Mit Geist und Körper sezierte sie die unter dem Titel »Letzte Lockerung« zusammengestellten Texte und Chansons, so dass sich ganz von selbst der Bogen zu den eingeblendeten Bildern von Christian Schad und zu der hitzigen Atmosphäre der zwanziger Jahre in Berlin spannte, auf die der Künstler mit seiner weltberühmten »Neuen Sachlichkeit« antwortete. Unter dem Titel »Letzte Lockerung« erschien das ursprünglich 1918 als »manifest dada« niedergeschriebenen wichtigste Werk von Walter Serner, das heute als Standardwerk des Dadaismus gilt.

 

Perfekte Inspiration

Die Inspiration war perfekt. Viel aus dem vorgetragenen Programm stammt aus jenen Texten, gemischt mit einem Schuss Kurt Tucholsky, Friedrich Hollaender, Willy Hagen, Rudolf Nelson.

 

Aufregend vor allem war dabei die innere Verbindung, welche Evelin Förster, begleitete am Klavier von Jens-Karsten Stoll, herstellte. Deutlich nahm sie die Spannung, die in den messerscharfen Linien von Christian Schad liegen, auf, ließ die kalte Erotik des tanzenden Paares entstehen, welches die Einladung zur Matinee begleitete und Walter Serners »Letzte Lockerung« - Ein Handbuch für Hochstapler und solche, die es werden wollen« illustriert, gab den bizarren Schnitten präzisen Ausdruck, kostete Perverses aus und Sarkastisches, ließ stofflich den »Irrengarten« entstehen mit seinem fahlen, sich verlierenden Licht, beschrieb mit »In roten Schuhen tanzt die Sonne sich zu Tod« dabei das Drogenfieber der Morphinistin Emmy Hennings, zeigte die gläserne Durchsichtigkeit der Formen das »Café d´apaches« und machte zu »Nutte« mit dem »Nutten-Emil« sowie den »Strichnutten« von Aristide Bruant bekannt.

 

Aufgeladene Atmosphäre

Sie beschrieb anhand von »Kurz, lang oder gefärbt« von Paula von Reznicek das Porträt der kleinen Modistin »Lotte«, begleitet mit »Meditation über den Rauch einer Zigarette« von Ralph Benatzky die irritierende Schönheit der »Sonja« und ließ die aufgeladene Atmosphäre und die Spannung einer Zeit entstehen, welche Christian Schad künstlerisch neu definierte.

 

Main Echo

 

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