PRESSE
Friedrich Hollaender "Tritt mir bloß nicht auf die Schuh..."
Evelin Förster im "unterhaus"
Das kleine "unterhaus" schwelgte in schwül-rotem Licht. Evelin Förster betrat in schwarzem Samtsmoking die Bühne - und die Welt Friedrich Hollaenders (1896-1976) erhob sich aus den Tiefen der Vergangenheit mit solch sinnlicher Intensitiät, die das Publikum blitzartig in die versunkene Welt der Weimarer Republik zu katapultieren vermochte.
Försters Hollaender-Collage war eine tiefe Verneigung vor dem Werk des bedeutenden Komponisten und Kabarettisten, dessen Songs aus dem Film "Der blaue Engel" Marlene Dietrichs Weltruhm begründeten. Daß Hollaender mehr war als nur der künstlerische Steigbügelhalter einer Filmlegende , daß Lieder wie "Jonny, wenn du Geburtstag hast..." nur eine Facette seines Könnens darstellen, verstand Evelin Förster eindrucksvoll zu vermitteln.
Ihre ausdrucksstarke, erotische Stimme spiegelte Lebensgefühl, Desillusion und Dekadenz einer Generation wider, die Hollaender in seinen Chansons mit geschärftem Blick und beißender Ironie porträtiert und decouvriert hatte. Die Musik war aufreizend, enthüllend und essentiell zugleich. Die Melodien unterstrichen die mit tödlicher Sicherheit sitzenden Pointen der heiteren Songs oder waren aggressiv und angriffslustig, wenn die Texte soziale Mißstände thematisierten oder politischen Ungeist mit bitterbösem Sarkasmus bloßstellen.
Evelin Förster war das perfekte Medium für Hollaenders Spott, Wut und melancholie. Niemals kopierte sie ihre Vorgängerinnen, sie war immer sie selbst, wagte eigene Interpretationen und Darstellungen, wenn sie nicht nur ihre Stimme, sondern auch ihren Körper sprechen ließ.
Ob kesse Göre oder lasziver Vamp, die Förster brillierte in jeder Rolle, war wandelbar und glaubhaft.
Allgemeine Zeitung Mainz